Artist / Band Myke Gray https://www.facebook.com/myke.gray.3.
Interview by Juergen aka PepSi
Editor Juergen aka PepSi
:::: English below ::::
Die britische Gitarrenlegende Myke Gray ist bereits seit mehr als vier Jahrzehnten im Rockbusiness unterwegs. Der Multiinstrumentalist und Songwriter, verbrachte die meiste Zeit seiner Karriere als Gitarrist bei verschiedenen Bands. Neben UFO, der wohl bekanntesten Formation, war er mit DORIAN GRAY, JAGGED EDGE, SKINund zuletzt RED WHITE & BLUES unterwegs. 2017 hat er sein erstes Soloalbum SHADES OF GRAY, so auch der Name seines Solo Projektes, veröffentlicht. Dasgitarrenlastige Album ist, mit Ausnahme eines Tracks, ein reines Instrumentalalbum. Sein zweites Werk, kurz und knapp „2021“ betitelt, erschien vor kurzem. AußerSchlagzeug macht er alles selbst, inklusive der Gesangsparts.
Ich hatte die Ehre und das Vergnügen für unseren Partner MIDNIGHT MADNESS mit Myke ein längeres Gespräch zu führen. Das Originalinterview ist in englischer Sprache, die deutsche Übersetzung findet ihr nach den links.
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British guitar legend Myke Gray has been in the rock business for more than four decades. The multi-instrumentalist and songwriter, spent most of his career as a guitarist in various bands. In addition to UFO, probably the best-known formation, he was on the road with DORIAN GRAY, JAGGED EDGE, SKIN and most recently RED WHITE & BLUES. In 2017 he released his first solo album SHADES OF GRAY, which is also the name of his solo project. The guitar-heavy album is, with the exception of one track, a purely instrumental album. His second work, briefly titled „2021“, was published recently. Except for the drums, he does everything himself, including the vocal parts.
I had the honor and the pleasure of having a longer conversation with Myke for our partner MIDNIGHT MADNESS. The original interview is in English, the German translation can be found below the link.
https://www.mykegray.rocks/ http://Myke Gray https://www.mykegray.rocks/ https://open.spotify.com/album/1iSOsTsB8SpTeE5PzaQHbr?si=a3sThOyeThuQM-oOyzXAYw https://music.apple.com/de/artist/myke-gray/296286803 https://mobile.twitter.com/mykegraymusic https://instagram.com/mykegraymusician?Myke Gray Homeigshid=18g8f70r378ny
MCR:
Hallo, hier ist Juergen von METAL CRASH RADIO…ich habe heute das Vergnügen und die Ehre mit jemandem zu sprechen, der seit vier Jahrzehnten im „Rockbusiness“ unterwegs ist – Mr. Myke Gray…Hi und guten Abend…
Myke:
Hi, es ist mir eine große Freude hier zu sein und dich kennenzulernen…
MCR:
Manche von euch kennen Myke möglicherweise von einer seiner früheren Bands wiebeispielsweise DORIAN GRAY, SKIN, RED WHITE & BLUES oder auch UFO – mehr dazu später…wann und wie hast du angefangen, Musik zu machen…hast du bereitsals Teenager Gitarre gespielt?
Myke:
Das kommt hin…Musik hat mich schon sehr früh fasziniert und extrem angezogen …die Faszination für diese Welt wurde in mir entfacht, als ich zum ersten Mal die britische Punkband THE SEX PISTOLS hörte…schon in sehr jungen Jahren hörte ich unterschiedlichste Musikrichtungen, aber sofort in ihren Bann gezogen hat mich,als damals 10-jähriger Junge, die beginnende Punk-Bewegung, vor allem dieseraggressiven Gitarrensound…das Gitarren-Intro des Songs PRETTY VACANT (SEX PISTOLS, veröffentlicht Juli 1977, Anm. d. Red.) öffnete eine Tür in meinem Kopf…ich wollte unbedingt wissen, wie dieser Sound zu Stande kommt und ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, diese aggressive, intensive Musik spricht zu mir…ich hörteBands wie THE SEX PISTOLS, CLASH, GENERATION X, STRANGLERS und wie sie noch alle hießen…anfangs beschäftigte ich mich sehr intensiv mit Punk…damals verkaufte ein Freund meiner Brüder einen Koffer voller Musikkassetten an meinen Stiefvater…getrieben von meiner Faszination für Musik hörte ich nacheinander die gesamten ca. 40 Kassetten durch…von den meisten Bands hatte ich noch nie gehört, kannte nicht einmal ihre Namen wie z:B. GENESIS, YES, EMERSON LAKE & PALMER…ich habe mir also Stück für Stück alles angehört…auf einer der Kassetten waren Bands von denen ich überzeugt war, dass sie aus Deutschlandstammen müssen, weil mir derartige Namen nicht geläufig waren…eine davon war MONTROSE (US-Hardrock-Band, gegr. 1973 von dem Gitarristen RONNIE MONTROSE, damaliger Sänger SAMMY HAGAR, der später zu VAN HALEN wechselte, Anm. d. Red.), die andere VAN HALEN…ich legte sie ein, spielte sie abund hörte zum ersten Mal VAN HALEN I…bis zum heutigen Tag hat mich kein Album mehr so tief beeindruckt – es war, als würde sich der Himmel über mir öffnen und die Sonne aufgehen…von diesem Moment an war mir klar, was ich mit meinem Lebenanfangen will – genau diese Art von Musik machen…ab diesem Zeitpunkt war ich regelrecht von Musik besessen und das hat seitdem nicht nachgelassen…durch die SEX PISTOLS kam ich zu Punkrock, dieses Album von VAN HALEN hat mein ganzes Leben verändert…
MCR:
Ich verstehe dich voll und ganz, ich habe dieses Album noch auf Vinyl…es ist eines meiner ersten Alben und es hatte eine ähnliche Wirkung auf mich…ich hab’s mir angehört und es hat mich schon beim ersten Ton komplett umgehauen…
Myke:
In den ersten 3 Jahren habe ich mir das Album Tag täglich angehört…ich bekam eine Gitarre und mir wurde klar, ich muss und will unbedingt lernen, wie das funktioniert…nachdem ich zuerst EDDIE VAN HALEN entdeckt hatte, wurde ich auf dieses riesige Spektrum aufmerksam, das bis dahin komplett an mir vorübergegangen war…das war die Zeit, in der ich Bands wie UFO, LED ZEPPELIN, DEEP PURPLE kennenlernte und sich mir die ganze große Welt der Rockmusik öffnete…es ist offensichtlich, dass es die Leidenschaft meines Lebens wurde – alles, was mitGitarren und Rockmusik zu tun hat…was mit VAN HALEN begonnen hatte, breitete sich sehr schnell auf alles andere aus…mein ganzes Leben wollte ich nichts anderes, als zu dieser Welt zu gehören…es ist mir eine Ehre Teil davon geworden zu sein…
MCR:
Hört sich für mich so an, als hättest du sehr früh einen Plan gehabt…ich habe am Anfang ein paar deiner ehemaligen Bands genannt und natürlich im Vorfeld zu unserem Gespräch deinen Werdegang recherchiert…ich habe mich auch mit deinem gesamten musikalischen Werk vertraut gemacht, in den letzten Tagen alles angehört und war erstaunt und konnte nicht glauben, was mir da offensichtlich entgangen ist…ich bin in den 70er/80er Jahren aufgewachsen, aber natürlich kenne ich bei weitem nicht alles…trotzdem ist es mir immer noch ein Rätsel, wie mir das durch die Lappen gehen konnte…erzähl‘ uns doch etwas mehr über deine Erfahrungen mit den verschiedenen Bands…
Myke:
Den großen Wendepunkt in meinem Leben erlebte ich im Alter von 13 Jahren…meine Schwester führte den „Zig Zag Club“ in London, wo all die Metal Bands wie DIAMOND HEAD, TANK, ANGEL WITCH auftraten…BERNIE THOME, Gitarrist bei GILLAN und später bei OZZY OSBOURNE, trat dort auf und meine Schwester freundete sich mit Bernie’s Tour Manager an…sie erzählte ihm, dass ich Gitarre spiele und es ergab es sich, dass er mir zu Hause eine Gitarrenstunde gab…mir, dem kleinen 13-jährigen Jungen mit einer „Les Paul – Kopie“ (Gibson Les Paul, Anm. d. Red.), der gerade mal seit ein paar Monate Gitarre spielte…als man mir sagte, einer meiner Helden würde zu mir nach Hause kommen, konnte ich es gar nicht glauben…ich kannte Bernie nur vom Fernsehen, von den TOP OF THE POPS – Shows…ich konnte es nicht fassen, mein Held kam zu mir nach Hause…wir wohnten damals in einem kleinen Vorort von London und ich kann mich noch gut erinnern, dass ein großer Wagen vorfuhr und eine mächtige blonde Mähne daraus emporstieg…Bernie war ein ziemlich großer Kerl, so um die 1,85 m, ich ein eherkleines, schmächtiges Kerlchen…er kam in mein Zimmer, sagte „Ich habe gehört, du möchtest Gitarrist werden“ und dann zeigte er mir 2 Stunden lang alle möglichen Techniken, wie „Hammer-on“, wie der Tremolo-Hebel funktioniert, das Riff zu CRAZY TRAIN – es war wie im Traum…am Ende fragte er ob ich Lust hätte, zu einer Bandprobe zu kommen, mir alles anzusehen und ich sollte meine Gitarre mitbringen…ich ging also zwei Tage zu den Proben und Thome sagte, ich soll das gesamte Set durcharbeiten und anschließend mit der Band jammen…er zeigte mir den ALICE COOPER Song UNDER MY WHEELS den wir dann am Ende jeder Bandprobe spielten wir den Song gemeinsam mit der Band…das war für mich das größte auf der Welt…am zweiten Tag sagte er, ich hätte es großartig gemacht und fragte ob ich Lust hätte, den Song mit ihm im MARQUEE Club live zu performen…meine Antwort war natürlich JA, es war ein Traum…ich war bis dahinnoch auf keinem Konzert gewesen, diese Show im MARQUEE Club war das erste Mal…800 Leute waren da, er holte mich am Ende der Show auf die Bühne und wir performten UNDER MY WHEELS…nicht viele dürfen so etwas einmal erleben, das bleibt einem für immer im Gedächtnis…spätestens da war mein Weg vorgezeichnetund meine damals schon ausgeprägte Obsession für Musik wurde noch stärker…die Jahre vergingen, ich verbrachte die meiste Zeit mit Songwriting und der Zusammenstellung einer Band…mit der Zeit etablierte ich mich als Gitarrist undirgendwann wurde der METAL HAMMER auf mich aufmerksam…es sollte in Londonein Konzert mit UFO als Headliner stattfinden…der damalige Redakteur von METAL HAMMER fragte bei UFO an, ob sie Interesse hätten…sie waren interessiert, hattenjedoch keinen Gitarristen…der Redakteur erzählte von einem hervorragenden Gitarristen aus UK und empfahl mich…damals war ich ein riesiger Michael Schenker Fan und bin’s noch immer…
MCR:
Michale Schenker war und ist schon immer einer meiner Helden…
Myke:
Das gleiche gilt auch für mich…ich war damals so um die 18 Jahre alt, hatte mich 5 Jahre weiterentwickelt…PHIL MOGG (Sänger UFO, Anm. d. Red.) meldete sich bei und fragte, ob ich daran interessiert wäre, den Gitarrenpart zu übernehmen…ich sagte natürlich JA, Phil antwortete „…okay, wir kommen dahin, proben ein paar Tage gemeinsam und dann spielen wir das Konzert“…ich bekam eine Liste mit ca. 20 Songs, 14 oder 15 davon, darunter ihre Klassiker, kannte ich…wir trafen uns also in diesem Studio, so groß wie ein Flugzeughangar, in East London, wo auch u.a.JUDAS PRIEST und DEEP PURPLE regelmäßig probten…ich, der Bassist und der Drummer gingen alle Songs durch um sicherzugehen, dass ich alle kenne…PHILMOGG tauchte erst drei, vier Stunden später auf und fragte, welchen Song ich zuerst spielen möchte…ich sagte „lass‘ uns mit LIGHTS OUT beginnen“ – der allererste Song, den ich mit UFO gespielt habe, war also LIGHTS OUT…ich hatte schon vorhermit einigen Sängern zusammengearbeitet, aber als ich neben Phil Mogg stand und ihn hörte, wurde mir klar, das es keine waren – DAS war ein Sänger…es ist schwer zu beschreiben wie es sich anfühlt, drei Schritte entfernt von einem seiner Helden zu stehen, während er einen deiner Lieblingssongs singt…es überkommt dich einegroße, unbeschreibliche Euphorie – ein weiterer Meilenstein meiner Karriere…ich habe zum ersten Mal realisiert, was es erfordert, dieses Level zu erreichen…es herrschte sehr großes Medieninteresse, mein Name wurde immer bekannter und so bot mir eines Tages ROD SMALLWOOD, Manager von IRON MAIDEN, an, mein Manager zu werden…so kam eins zum anderen und meine erste richtige Band war dann JAGGED EDGE…mit meinem Einstieg wurde die schon eine Zeit lang existierende Band professioneller und ernsthafter…wir gingen wir mit OZZY OSBOURNE als Opener auf seine NO REST FOR THE WICKED Tour und danach fiel unser Lineup auseinander…
MCR:
Entschuldige, dass ich dich kurz unterbreche…du sagtest NO REST FOR THE WICKED Tour, dann hast du also auch in Deutschland gespielt?
Myke:
Nein, denn es passierte folgendes – lange Geschichte…wir hatten zwei Manager,ROD SMALLWOOD und einen Typen namens JOE BROWN, Eigentümer von TASCO (TASCO LIGHTS, Bühnenbeleuchtung und Sound, Anm. d. Red.)…ihm gehörte auch das Studio, in dem wir mit UFO geprobt hatten…wir kamen zu der Tour mit OZZY OSBOURNE, weil TASCO Sharon Osbourne versprochen hatte, PA undLightshow für die Tour kostenlos zur Verfügung zu stellen…das war TASCO‘sGeschäft – sie statteten Konzerte mit PAs und Lightshows aus…wir gingen auf eine 25-tägige Tour durch UK und es wurde schnell klar, was dieser Typ von TASCO vorhatte…er spekulierte darauf, dass wir nach der Tour einen Label-Vertrag angeboten bekommen und der Plan war, sobald der Vertrag zustande käme, sich das Geld für die Tour von der Band zurück zu holen…ROD SMALLWOOD sagte „Nein,das wird nicht passieren“ und dass ich mich entscheiden muss – entweder mit ihm oder JOE BROWN…er wollte mit diesem Typen nicht zusammenarbeiten, das sei nicht seine Arbeitsweise…wir entschieden uns für ROD SMALLWOOD entschiedenwas dazu führte, dass sich JOE BROWN unser gesamtes Equipment schnappte unduns aus der Tour warf…so haben wir nur ¾ der Tour absolviert…es gab danach noch ziemlichen Wirbel, bis wir unser Equipment zurück hatten…ROD SMALLWOODwurde unser alleiniger Manager und daraus resultierte ein Label-Vertrag mit POLYDOR…
MCR:
Ich habe nur gefragt, weil ich bei einem Konzert dieser Tour in Deutschland war…ich habe damals OZZY OSBOURNE in München gesehen und mir fällt gerade nicht mehr ein, wer Supportband war…damals, in den alten Zeiten, hatte der Opener max. 30 Minuten und meistens schlechteren Sound und eine schlechtere bis gar keineLightshow – nach dem Motto „Hauptsache es steht jemand auf der Bühne“…die taten mir immer leid, weil sie so gut wie nie gute Bedingungen hatten um ihr wahres Können zu zeigen…
Myke:
Ich könnte dir haarsträubende Geschichten darüber erzählen, was es heißt, als Vorband aufzutreten – darüber könnten wir eine ganze Sendung machen…
MCR:
Da bin ich mir sicher…
Myke:
Auf der Tour mit OZZY OSBOURNE war das erste JAGGED EDGE Lineup und es zeigte sich, dass einige Bandmitglieder nicht die nötige Seriosität aufbrachten…diese Leute haben sich alles Mögliche „reingezogen“ und deswegen waren viele Shows nicht so gut, wie sie hätten sein können und sollen…für mich war das inakzeptabelund ich sagte Rod, dass dieses Lineup nicht passte war und so haben wir die Bandneu zusammengestellt…POLYDOR RECORDS sagte damals zu uns „wir haben diesen Sänger namens MATTI ALFONZETTI und wissen von eurem Gitarristen MYKE GRAY…wir möchten die beiden zusammenbringen und wenn‘s funktioniert,habt ihr den Vertrag“…der Schwede Matti flog aus seiner Heimat ein und wir verbrachten den kompletten Tag miteinander…ich hatte einen aktuellen Song, mit dem wir gemeinsam ins Aufnahmestudio gingen…wir nahmen den Track über das Wochenende auf, produziert von dem leider schon verstorbenen CHRIS TSANGARIDES, der bereits mit Bands wie HELLOWEEN und JUDAS PRIEST beiPAINKILLER zusammengearbeitet hatte…nach nur einem Tag hatten wir ein Demofertig und am darauffolgenden Montag bekamen wir einen Plattenvertrag…danachmussten wir uns zusammensetzen und ein ganzes Album schreiben – so war das mit JAGGED EDGE…wir brachten zunächst ein Mini-Album mit 5 Songs und dem Titel TROUBLE heraus…GOOD GOLLY MISS MOLLY von LITTLE RICHARD war einer davon und der kam sehr gut an…wir tourten mit Bands wie THUNDER, BRUCE DICKINSON, VIXEN, DAN REED PROJECT und nahmen dann unser erstes komplettes Album mit dem Produzenten JEFF GLIXMAN auf…er war ehemals Bandmitglied bei KANSAS und produzierte auch einige ihrer Alben, wie auch u.a. von den GEORGIA SATTELITES und einigen anderen…es ging auf Tour mit DAVID LEE ROTH und im Anschluss mit BRUCE DICKINSON durch Europa…danach trennten sich unsere Wege, hauptsächlich weil MATTI ALFONZETTI und ich nicht miteinander klar kamen…wir hatten zu unterschiedliche Auffassungen davon, wohin die Band sich entwickeln sollte…das kam nicht unerwartet bedenkt man unter welchen Voraussetzungen wir bzw. die Band zusammen gekommen war…wir wurden im Grunde genommen zusammengeworfen und mussten dafür sorgen, dass es irgendwie funktioniert…
MCR:
Ohne sich und die jeweilige Einstellung zu kennen, den bevorzugten Musikstil, die angestrebte Richtung usw. …ihr habt euch praktisch kennengelernt, als eigentlich alles schon hätte passen sollen…
Myke:
Es war nicht so, dass wir uns schon kannten, über die unterschiedlichen Einflüsse des anderen Bescheid wussten…es lief nach dem Motto „hier haben wir einen Gitarristen und da einen Sänger, die werfen wir jetzt mal zusammen und die beiden sollen dafür sorgen, dass es läuft“…es war eigentlich zum Scheitern verurteilt, aber trotzdem sind ein paar gute Songs dabei herausgekommen, wie z.B. die erste Single YOU DON’T LOVE ME…obwohl die Band nur etwa 2 Jahre existierte, ist ein Klassiker entstanden, der noch heute gespielt wird…damit haben wir zumindest einen kleinen Teil Rockgeschichte geschrieben…
MCR:
Das können nicht viele Bands von sich behaupten…ich denke, das ist das höchste Ziel jeder Band – wenigstens einen Song zu schreiben, der die Jahrzehnte überdauert, nichts von seiner Bekanntheit einbüßt und bei den Leuten immer noch ankommt…eine große Sache…
Myke:
Es dreht sich alles um die Songs…ich habe bei all meinen Bands Songs geschrieben…mein Anspruch war schon immer, meinen Beitrag zur Rockmusik zu leisten…ich habe mein Leben dem Ziel gewidmet, Songs zu erschaffen, die sich die Menschen auch noch nach Jahren gerne anhören…
MCR:
Wenn meine Recherchen richtig sind, hast du mit ehemaligen Mitgliedern von JAGGED EDGE die Band SKIN gegründet…
Myke:
Richtig…es wurde immer offensichtlicher, dass sich JAGGED EDGE trennen würden- die Reibereien zwischen mir und dem Sänger wurden immer größer…meistens ging es um Kleinigkeiten wie beispielsweise bei den Aufnahmen unseres erstenAlbums …es ging darum, wie die Songs abgemischt werden sollten…wir beide flogen nach Los Angeles, wo es von PAUL LANI gemixt werden sollte…gerade alsder erste Song fertig war, sagte er plötzlich „okay, ich fliege dann zurück nach England…“ – ich darauf „wir sind hergekommen, um das ganze Album abzumischen, warum willst du gehen?“, woraufhin er antwortete „weil ich meine Freundin sehen will…“…ich nur „Mann, wir haben ein Jahr an dem Album gearbeitet und du willst jetzt nach England um deine Freundin zu sehen – ist dir das wirklich wichtiger als das Album?“…für mich gab es nichts wichtigeres als dieses Album…
MCR:
Ihr habt jede Menge Arbeit, Zeit und Aufwand – du sprichst von einem Jahr – in dieses Album investiert, Songs geschrieben, wahrscheinlich hat es für den einen oder anderen mehrere Anläufe gebraucht – es ist wohl eher selten, dass ein Track„mal schnell“ geschrieben wird, vor allem unter Druck…
Myke:
Das wichtigste in meinem Leben ist es Musik zu machen…deshalb konnte ich es nicht verstehen, wir hatten einfach unterschiedliche Auffassungen…es war offensichtlich, dass das mit uns keine langfristige Angelegenheit sein würde…ich hatte mir schon länger Gedanken darüber gemacht, wer als neuer Sänger in Frage käme…mit NEVILLE MACDONALD, dem Sänger von SKIN, hat es sich folgendermaßen zugetragen…ich war in einem Club namens St. Moritz; gegenüber vom MARQUEE Club in London…die meisten Musiker, die im MARQUEE auftraten, gingen nach ihrem Auftritt über die Straße ins St. Moritz um abzuhängen…es gab dort auch eine kleine Bühne, auf der ich mit ein paar anderen Musikern jammte, als jemand sagte „hey, dieser Typ kann singen“ und ihn zur Bühne brachte…wir spielten ROCK AND ROLL von LED ZEPPELIN und als er anfing, drehte ich mich zu ihm und dachte nur „oh mein Gott, was für eine unglaubliche Stimme…“ – das war noch vor JAGGED EDGE und MATTI ALFONZETTI – und ich dachte mir, das ist der richtige Sänger für die Band…dann kam das Angebot von POLYDOR RECORDS und so kam die Geschichte mit Matti zustande, aber ich habe Neville MacDonald nie vergessen…wie auch immer, wir spielten diesen Song in dem Club und ich dachte mir die ganze Zeit „das ist eine der besten Stimmen, die ich je gehört habe“…plötzlich, bei der Hälfte des Songs, kam ein großer Kerl zur Bühne, sagte „wenn ihr schon die Songs meines Vaters spielt, müsst ihr sie auch richtig spielen“, schnappte sich die Drumsticks des Schlagzeugers und legte los – es war JASON BONHAM(Sohn von JOHN BONHAM, Drummer bei LED ZEPPELIN, Anm. d. Red.)…auf der Bühne waren also ich an der Gitarre, NEVILLE MACDONALD am Mikrofon; JASON BONHAM am Schlagzeug und wir spielten ROCK AND ROLL und danach WHOLE LOTTA LOVE…ich dachte nur „was für ein Wahnsinn, das werde ich niemalsvergessen“…gleich nachdem JAGGED EDGE sich getrennt hatten, kontaktierte ich NEVILLE MACDONALD und fragte ihn, ob er sich eine Zusammenarbeit vorstellen könne…wir taten uns zusammen und es funktionierte prächtig, das Songwriting ging leicht von der Hand, wir schrieben Tracks wie LOOK BUT DON’T TOUCH, Songs,die noch immer gespielt und gerne gehört werden…diese Songs haben wir in den ersten zehn Tagen, nachdem wir und kennengelernt hatten, geschrieben…
MCR:
Entschuldige, dass ich dich unterbreche…wie läuft das Songwriting ab – du machst Riffs und Melodie, der Sänger die Texte, machst du alles oder ist es von allem ein bisschen – manchmal „im Alleingang“, manchmal Teamwork?
Myke:
Meine Rolle als Songwriter hat sich über die Jahre sehr verändert…in der Zeit, in der ich mit Matti für JAGGED EDGE geschrieben habe, kam ich meistens mit einem Riff und einer vagen Vorstellung einer Melodie an, Matti schrieb die Texte und wir arbeiteten gemeinsam die Melodie aus, das war hauptsächlich Teamwork, fifty-fifty…die Texte, die Matti bei JAGGED EDGE schrieb, gefielen mir nicht so besonders, waren nicht so mein Ding…als ich bei SKIN einstieg fing ich damit an, auch die Texte zu verfassen, die meisten SKIN Songs habe ich geschrieben…ein paar schrieb ich zusammen mit Neville, wobei er hauptsächlich die Texte beisteuerte…als es dann mit SKIN weiterging, habe ich alles geschrieben wiebeispielsweise TOWER OF STRENGTH und MONEY, die zu Hits wurden…so war es nur logisch, dass ich das Songwriting komplett übernahm und mittlerweile singe ich auch selbst…meine Songs sind jetzt weitaus persönlicher, als sie es je zuvor waren…Songwriting ist einer der Gründe, warum ich Musik mache, vielleicht sogar mehr als alles andere…es ist mit der Hauptgrund, warum ich nicht in Bands anderer spiele…das Schreiben ist mir so wichtig, dass ich meine Energie und meinen Focusnicht mit anderen Dingen teilen möchte…
MCR:
Ich denke, wenn man einmal damit angefangen hat und feststellt, dass es funktioniert- und es funktioniert sehr gut bei dir – dann ist es schwierig, wieder einen Schritt zurückzugehen und mit anderen über Harmonien, Tonlagen usw. zu diskutieren…es ist alles in deinem Kopf – der Sound, wie der Song klingen soll, wie er strukturiert sein soll…
Myke:
Um ehrlich zu sein, so war es auch bei SKIN – Musiker haben sehr oft hohes Konfliktpotential…sie sind sehr emotional und ihre Logik ist manchmal etwas fragwürdig, vieles ist von emotionalen Bedürfnissen geprägt…wenn du logisches und emotionales Denken betrachtest, dann neigen Musiker mehr dazu, emotional zu denken…die meisten meiner Kunden kommen aus dem Finanzsektor, sie denken und handeln ausschließlich logisch, da ist kein Platz für Gefühle – das ist meine Erfahrung aus 52 Lebensjahren…bei SKIN ließen mich die anderen Bandmitglieder einfach machen, darüber gab es keine Diskussionen…es gab einige Konflikte bei JAGGED EDGE, bei SKIN so gut wie nichts…
MCR:
Es gibt immer zwei Seiten…Diskussionen können einerseits zu einem guten Ergebnis führen oder es geht in die andere Richtung…
Myke:
Absolut richtig…ich hatte bei SKIN das Glück, dass alles weitestgehend problemlos ablief…als das mit SKIN in die Brüche ging und wir später eine neue Band namens RED WHITE & BLUES gründeten, war auch MATTI ALFONZETTI wieder mit von der Partie, 20 Jahre nach unserer ersten Zusammenarbeit…ich weiß nicht, ob du etwas von RED WHITE & BLUES kennst…
MCR:
Ich habe mir in den letzten Tagen alles von dir angehört…
Myke:
Wir waren also wieder zusammen und ich muss gestehen, dass das Songwriting mit Matti immer gut geklappt hat…wir hatten früher unterschiedliche Auffassungen über Texte an sich, aber bei RED WHITE & BLUES schrieb ich die gesamten Texte, von daher gab es keine Diskussionen mehr darüber…der Grund; warum sich auch diese Band auflöste war die unterschiedliche Arbeitsmoral und -auffassung…ich bin ein „Workaholic“, der Musik 365 Tage im Jahr lebt und atmet und das war Matti nicht, deshalb ging’s mit der Band nicht weiter…
MCR:
Ich denke, wenn eine Band funktionieren soll, speziell über einen längeren Zeitraum, dann müssen alle an einem Strang ziehen und die gleiche Einstellung teilen…ich kann weder das eine noch das andere beurteilen, weil ich zu wenig Einblick in diese Dinge habe…das muss jeder für sich selbst herausfinden und entscheiden, aber wenn das nicht zusammenpasst, artet es meiner Meinung nach in Stress aus und kann nicht lange funktionieren…
Myke:
Ich sehe eine Band wie eine Fußballmannschaft – ich weiß nicht, ob dich Sport interessiert…ich mache aktiv Martial Arts (Kampfsport, Anm. d. Red.), habe schon immer Sport gemacht…bei erfolgreichen Mannschaften wie z.B. Manchester Unitedmit Roy Keane, Ronaldo und Alex Ferguson oder bei Real Madrid, hat die gesamte Mannschaft die gleiche Einstellung und das gleiche Ziel…wenn auch nur einer dabei ist, der nicht in diese Richtung arbeitet, wird er zu einer Belastung für das ganze Team und so ist es auch in einer Band…wenn nicht alle in der Band die gleiche Denke haben, dann wird das zu einer Schwachstelle…ein weiterer großer Meilenstein und Wendepunkt in meiner Karriere war die Zusammenarbeit mit BRUCE DICKINSON von IRON MAIDEN…ich habe mit ihm zwei Alben aufgenommen, flog damals nach Los Angeles und wir nahmen ein Album zusammen mit KEITH OLSEN und ein weiteres mit CHRIS TSANGARIDES auf…die Arbeit mit BRUCE DICKINSON zeigte mir, wie sehr man der Musik und allem was dazugehört verpflichtet sein muss, wenn man ein Superstar werden will…Bruce ist seit über vier Jahrzehnten ein Superstar, einer der erfolgreichsten und beständigsten im Rockmusik Business und einer der besten Sänger…wir haben insgesamt vielleicht 6 Monate zusammengearbeitet und ich habe gesehen, mit wieviel Engagement er dabei war…auf einer Skala von 1 bis 10 war er nie unter zehn, es war immer mindestens 10 – egal ob bei Proben, Aufnahmen oder Interviews, nur so funktioniert es…bei STEVE HARRIS ist es genauso, ROD SMALLWOOD ist immer mindestens auf 11…wenn man sich das gesamte Team von IRON MAIDEN betrachtet, dann istdas eine Gruppe von in höchstem Maße engagierten Leuten…ich habe stets genauso empfunden und es so verstanden, dass du ein Team von Gleichgesinntenum dich haben musst…ist das nicht so, sind es nicht die richtigen Leute…
MCR:
Da stimme ich dir voll und ganz zu, speziell wenn man betrachtet, wie professionell und fokussiert Musiker wie BRUCE DICKINSON arbeiten…ich habe IRON MAIDEN zum ersten Mal Anfang der 1980er in Deutschland bei einem 2-tägigen Hallen-Festival gesehen…da waren auch KROKUS, QIOT RIOT, SCORPIONS…
Myke:
Du warst auf diesem Konzert???
MCR:
Yep…
Myke:
Das ist eines der großartigsten Konzerte überhaupt – JUDAS PRIEST, DEF LEPPARD…
MCR:
Das war damals in Dortmund, ja da war ich…
Myke:
Das ist möglicherweise das großartigste Festival aller Zeiten…ich habe mir das so oft angesehen…
MCR:
Hinter mir, ich nenne es meine „Walls of Fame“, hängen alle meine Konzerttickets und Souvenirs, Giutar Picks, Drumsticks und solche Sachen, von allen Konzerten,bei denen ich jemals war und dieses Ticket ist natürlich auch dabei…
Myke:
Dieses Konzert ist legendär…
MCR:
Und wenn man bedenkt, dass pro Tag jeweils 5 Bands aufgetreten sind, zu einemPreis von umgerechnet 25 Euro für ein Tagesticket…
Myke:
Oh mein Gott, das ist unglaublich, dass du bei diesem Konzert warst…
MCR:
Ich habe das schon öfter erwähnt – mein erstes Konzert waren die SCORPIONS 1979 für etwa 8 Euro…
Myke:
Mit welchem Gitarristen?
MCR:
Es war kurz bevor MICHAEL SCHENKER die Band ein zweites Mal verlassen hat…die LOVEDRIVE Tour startete mit MICHAEL SCHENKER – das war der Haupt Grundwarum ich mir ein Ticket gekauft hatte, ich war so aufgeregt und wollte ihn unbedingt sehen…ich glaube, es war damals der erste Auftritt mit MATTHIAS JABS für MICHAEL SCHENKER…
Myke:
Wow…auch einer meiner Lieblingsgitarristen…
MCR:
Und etwa 3 Monate später habe ich AC/DC auf der HIGHWAY TO HELL Tour mit BON SCOTT gesehen…ich bin einer der glücklichen, die diesen einzigartigen Typen live auf der Bühne gesehen haben und es war Wahnsinn…das sind die Dinge, die sich in meinem Kopf festgesetzt haben…wenn mich meine Frau zum Einkaufen schickt kann ich mir keine drei Sachen merken, aber das werde ich nie vergessen, auch wenn es schon 40 Jahre her ist…so etwas schafft nur Musik…
Myke:
Das versteht man entweder oder man versteht es nicht, aber ich weiß genau, wovon du sprichst…
MCR:
Es war auf jeden Fall eine wunderbare Zeit…nachdem du in verschiedenen Bands warst, hast du ein reines Instrumentalalbum veröffentlicht…das habe ich mir natürlich auch angehört, logischerweise sehr Gitarren lastig und ein großartiges Album…ich bin ein großer „Gitarren Fan“, spiele jedoch kein Instrument und habe allerhöchsten Respekt vor allen, die ,welches Instrument auch immer, spielen können…ich war schon immer fasziniert von Gitarristen, wie beispielsweise JOE SATRIANI – ich liebe seine Instrumentalalben, deines ebenso…woher kam die Idee ein reines Instrumentalalbum zu schreiben?
Myke:
Nun, während meiner gesamten Karriere hatte ich immer wieder Probleme mit Sängern, wie bei JAGGED EDGE…als wir SKIN 2008 oder 2009 neu formiert haben,spielten wir am DOWNLOAD FESTIVAL…ursprünglich war nur ein Auftritt geplant,um den Fans „Auf Wiedersehen“ zu sagen, schließlich wurden weitere 2 Jahre daraus…wir gingen nochmals auf Tour mit den LITTLE ANGELS, haben zwei weitere Alben aufgenommen, machten eine eigene Headliner Tour, haben ein weiteres Mal auf dem DOWNLOAD FESTIVAL gespielt und es hatte den Anschein, dass es etwas größeres werden könnte…dann sagte der Sänger plötzlich, er könne das nicht mehr machen, er hätte sein eignes Leben als Lehrer an einer Schule und nicht mehrgenügend Zeit…das war zu der Zeit, als sich RED WHITE & BLUES formierte und für einen gewissen Zeitraum gab es gleichzeitig SKIN, die tourten und Alben aufnahmen und RED WHITE & BLUES, die ebenfalls Alben aufnahmen und mit CHICKENFOOT, LYNYRD SKYNYRD, WHITESNAKE auf Tour gingen…es gab also zwei Bands die parallel große Shows spielten, auch wieder das DOWNLOAD FESTIVAL…dann gab es eine Anfrage für RED WHITE & BLUES als Opener beizwei großen Shows der laufenden ZZ TOP Tour aufzutreten…ich dachte mir nur„wow, großartig, fantastisch“ und sagte das auch zum Sänger von RED WHITE & BLUES…der antwortete darauf, dass er es nicht machen könne, worauf ich fragte„wie, was heißt, du kannst das nicht machen?“ – „ich habe zu Hause verschiedene Probleme und Verpflichtungen, ich kann’s nicht machen“…ich sagte zu ihm „nun, wenn das so ist, dann geht’s wohl nicht“…wir sollten auch auf dem DOWNLOAD FESTIVAL auftreten, ebenso wie SKIN – also RED WHITE & BLUES am Samstag und SKIN am Sonntag…ich war natürlich sehr enttäuscht darüber, nicht mit ZZ TOP aufzutreten, aber dachte, dass wir auf jeden Fall am DOWNLOAD FESTIVAL spielen würden…dann sagte der Sänger von RED WHITE & BLUES, dass er diesen Auftritt auch nicht machen kann und ich sagte nur „du machst Witze, oder!? Du kannst nicht beim DOWNLOAD FESTIVAL auftreten? Was kann wichtiger sein als das?“…er sagte nur, er könne es nicht machen – wie sich später herausstellte, nahm er zu dem Zeitpunkt ein Solo-Album auf, das nur nebenbei…dann fragte ich den Sänger von SKIN, ob er bei RED WHITE & BLUES einspringen kann…es sind nur 30 Minuten, 6 Songs und ich dachte, er würde sofort zusagen, kein Problem…das war aber nicht so, er sagte Nein und stieg daraufhin bei SKIN aus…ich sollte also am Samstag mit RED WHITE & BLUES und am Sonntag mit SKIN am DOWNLOAD FESTIVAL auftreten, beide Sänger entschieden sich, aus unterschiedlichen Gründen, nicht aufzutreten…ich legte meine Gitarren zur Seite und hatte genug von allem… „wenn ihr dumme, unüberlegte Entscheidung trefft, dies oder jenes nicht machen wollt, nicht erkennt, dass ihr das große Privileg genießt, mit unseren Helden die Bühne zu teilen, dann war es das für mich…wenn ihr so mit euch selbst beschäftigt seid, will ich damit nichts mehr zu tun haben…“…ich legte danach für ein paar Jahre die Gitarre aus der Hand, hatte keine Lust mehr, wollte das nicht mehr machen…
MCR:
Verstehe ich das richtig, du hast also aufgehört, Gitarre zu spielen?
Myke:
Ja richtig, das war so um 2012…ich habe dann bis 2016 nicht mehr gespielt, ich fühlte mich von diesen Leuten so betrogen und hintergangen gefühlt und hatte genug von allem…aber dann fingen die Gitarren an, mich wieder zu rufen…jemand schrieb mir auf Facebook „solltest du jemals einen Drummer brauchen, wäre es mir eineEhre, mit dir zu spielen…“…ich griff mir also wieder meine Gitarre und fing wieder an zu spielen…nach ein paar Jahren Pause konnte ich nicht mehr spielen, musste miralles neu erarbeiten, all die technischen Feinheiten…ich fing an Gitarre zu spielen,beeinflusst von Gitarristen wie RANDY RHOADS, MICHAEL SCHENKER, EDDIE VAN HALEN…ihre Songs hatten lange Gitarrensequenzen, wie beispielsweise MR. CROWLEY – ich habe also wieder angefangen, inspiriert von den Songs und Gitarristen, die mich auch ursprünglich einmal dazu gebracht haben, Gitarre zu spielen…
MCR:
Zurück zu den Wurzeln…
Myke:
Ich wollte nur nicht mehr mit Sängern zusammenarbeiten, ich wollte mit diesenemotionalen Dilemmas nichts mehr zu tun haben, die meist von Sängern ausgehen…ich war glücklich, einfach nur Gitarre zu spielen, meine Kompositionen umzusetzen und so entstand das Instrumentalalbum SHADES OF GRAY…beim letzten Song, den ich für das Album geschrieben habe, dachte ich, dass dieser Track „eine Stimme braucht“ – es war der Song TAKE ME HOME…ich dachte an LUANNE CROSBY, sie ist eine hervorragende Sängerin, hat bei dem MEAT LOAF Song I WOULD DO ANYTHING FOR LOVE mitgewirkt…sie übernahm die Vocals bei TAKE ME HOME und das hat mich wieder zum Songwriting zurück gebracht…mein Instrumentalalbum ist entstanden, weil ich nicht einmal mehr mit einem Sänger in einem Raum sein wollte, es passierten noch einige andere Dinge und so kam es zuSHADES OF GRAY…
MCR:
SHADES OF GRAY ist aktuell dein Solo-Projekt – im wahrsten Sinne des Wortes? Spielst du alle Instrumente selbst?
Myke:
Alles außer Schlagzeug – ich spiele Bass, alle anderen Gitarren, singe und schreibe alle Songs…als das Instrumentalalbum herauskam wurde ich eingeladen, auf dem DOWNLOAD FESTIVAL aufzutreten…sich sagten, dass ihnen mein Album gefälltund fragten, ob ich auftreten würde…ich fragte, was ich spielen solle – Stücke von meinem Instrumentalalbum oder Stücke von meinem Back-Catalogue und sie meinten nur, ich könne spielen, worauf immer ich Lust hätte, Hauptsache ich trete auf…ich dachte mir „wow, ich habe all diese Songs aus der Zeit mit JAGGED EDGE, Songs von RED WHITE & BLUES und SKIN, meine neuen Songs, also beschloss ich, mich nach einem Sänger umzusehen…ich holte mir den Sänger von BLACKWATER CONSPIRACY, PHIL CONALANE, wir probten zwei Tage und spielten letztendlich „von allem etwas“…das brachte mich auf den Gedanken, dass ich mit den Songs von meinem Back-Catalogue eigentlich auf Tournee gehen könnte- aus dieser Idee entstand die „MYKE GRAY Touring Band“…ich traf auf einen weiteren Sänger, für dessen Band ich ein Jahr lang Songs schrieb, vier Videos produzierte und dann passierte wieder genau dasselbe…bei der Hälfte des Projekts sagten sie, sie wollen nicht mehr weitermachen – ich konnte es einfach nicht glauben, ich hatte ihnen sogar einen Auftritt beim DOWNLOAD FESTIVAL verschafft…das brachte mich letztendlich zu dem Entschluss, künftig ALLES selbstzu machen…ich habe absolut keine Lust mehr, mit diesen „singenden Primadonnen“ zusammenzuarbeiten, ich mache einfach alles selbst…
MCR:
Das muss sich anfühlen, als würde dir jemand ein Messer in den Rücken rammen…du steckst jede Menge Aufwand in die Sache, hast einen Plan, was wie laufen sollund dann lassen dich alle im Stich…
Myke:
Ich habe einen Song gemacht – I GET UP – ihn in meinem Studio, wo ich mich jetzt gerade befinde, aufgenommen…ich habe ein Video dazu gemacht, geschminkt und „verkleidet“, ich war nicht zu erkennen…ich wollte damit beweisen, dass ich in der Lage war, alles ohne jegliche andere Unterstützung selbst zu bewerkstelligen…ich brauche keinen Sänger, ich kann alleine Musik machen…ich hab’s veröffentlicht undkam damit, zu meiner großen Überraschung, in die Playlist bei PLANET ROCK, einer großen Radiostation in England, war dort in der täglichen Rotation…und plötzlich kam mir die Erkenntnis „oh, wow…die Leute hören sich das an, ich brauche keinen Sänger“…ich hätte mir niemals träumen lassen, dass ein Song, den ich singe, im Radio laufen würde…ich dachte immer, ich bräuchte jemanden, der meine Songssingt – das war der Katalysator für SHADES OF GRAY…ich bin nun beim neunten Track – es ist ein bisschen ungewöhnlich, denn ich nehme einen Song auf und veröffentliche ihn, dann den nächsten und veröffentliche ihn…wenn ich bei zehn angelangt bin, werde ich die Songs in einem Album herausbringen…es gibt die Möglichkeit, über meine Website vorzubestellen und aktuell habe ich bereits über 600 Bestellungen, womit ich die Videos und alles drumherum finanzieren kann…zum ersten Mal fühle ich mich komplett befreit und unabhängig von anderen, nichts hält mich davon ab, Musik zu machen…
MCR:
Und du bist auf nichts und niemandem angewiesen, ich denke, das ist der Punkt…
Myke:
Es war eine große Sache für mich…
MCR:
Aber es muss auch ein sehr gutes Gefühl sein, denke ich…die Kontrolle über alles zu haben und dass es, möglicherweise zum ersten Mal, so läuft wie es laufen soll…keine Kompromisse, keine Abweichungen…
Myke:
Ich weiß, ich kann auch noch um Mitternacht die Vocals aufnehmen, um drei Uhr morgens am Text weiterarbeiten, ich weiß, ich wache auf und kann Texte schreiben…es dauert länger, weil alles nach einem gewissen Standard laufenmuss…manchmal dauert es Wochen bis der Gesang steht, bis alles, inklusive Chor und Background Gesang fertig ist…dann kommt eine Stelle, für die ein Gitarrensolo vorgesehen ist und ich habe ein paar Wochen nicht mehr Gitarre gespielt, dann muss ich die Bass-Parts einspielen…du gehst immer wieder zurück, damit du alles auf den gleichen Standard bringst…zwar verlängert das ein Projekt etwas, aber es ist auf jeden Fall weitaus angenehmer und befriedigender…
MCR:
Ich habe Sänger, wie beispielsweise JOHN FARNHAM – ehemals Sänger bei der LITTLE RIVER BAND – ein paar Mal live erlebt…der Mann ist zwei Meter groß, hat einen Brustkorb, der so groß ist, dass eine Familie darin wohnen könnte und es ist offensichtlich, wo diese Stimme herkommt…ich weiß nicht, ob du seinen Song TOUCH OF PARADISE kennst…
Myke:
Nein, aber ich wird‘s recherchieren…
MCR:
Es ist ein Track aus seinem ersten Album, eine Powerballade…sehr anspruchsvoll, es braucht Kraft, technische Fähigkeit und eine entsprechende Range – er hat diesen Song nach 2 Stunden als letzte Zugabe gebracht und jeden Ton „vom tiefenKeller bis zur hohen Dachspitze“ hingenagelt, unglaublich…wenn du dann nochsiehst, dass der Kerl nicht einmal schwitzt, geschweige denn außer Atem ist und dasteht wie ein Fels, ist das schon sehr beeindruckend, ich hätte diesen Song niemals als letzte Nummer erwartet…ich mag dieses Album und diesen Song, mochte ihn schon immer als Sänger…was ich damit sagen will ist, dass ich denke, eine der Herausforderungen ist, herauszufinden, was du mit deiner Stimme machen kannst und die Songs auch möglicherweise danach auszurichten bzw. zu schreiben…
Myke:
Ich hatte das große Glück, in der Vergangenheit mit einigen der weltweit besten Sänger zusammenzuarbeiten…auch wenn die meisten von ihnen Probleme verursachten, sind sie nichtsdestotrotz herausragende Vokalisten…Leute wie MATTI ALFONZETTI, BRUCE DICKINSON oder NEVILLE MACDONALD – phänomenale, hervorragende Sänger…als ich für sie geschrieben habe, wusste ich was sie können, kannte ihre jeweilige Stimme und schrieb die Songs passend zum jeweiligen Sänger…mit meiner eigenen Stimme betrat ich Neuland, es war etwas komplett neues für mich…ich musste also zunächst herausfinden, was möglich ist und was nicht geht…der erste Song, den ich geschrieben habe, war relativ einfach…mit der Zeit hat sich meine Stimme weiterentwickelt und so wurden und werden die Songs anspruchsvoller und komplexer…mittlerweile sind Dinge möglich, von denen ich niemals gedacht hätte, dass ich sie hinbekomme…das liegt hauptsächlich daran, dass ich mittlerweile seit über einem Jahr singe und ich immer mehr damit zurechtkomme…
MCR:
Du singst regelmäßig, deine Stimme wird belastbarer – am Anfang geht’s vielleicht eine halbe Stunde, bis es anfängt „zu schmerzen“ und mit der Zeit wird‘s immer länger und besser…es ist sicher nicht einfach, zwei Stunden live auf der Bühne zu singen…ich habe großen Respekt vor jedem Sänger…
Myke:
Du hast vollkommen recht…als ich damit angefangen habe, konnte ich vielleicht 45 am Stück singen, dann ging’s nicht mehr und am nächsten Tag hatte ich Halsschmerzen…jetzt kann ich jeden Tag um die zwei Stunden singen, es gibt natürlich zwischendurch auch Tage, an denen andere Dinge zu erledigen sind, aber mit der Regelmäßigkeit nimmt auch die Ausdauer zu…das habe ich im letzten Jahr gelernt, es war ein großer Lernprozess für mich und ist wohl einer der größten Meilensteine in meiner musikalischen Entwicklung…
MCR:
Ich habe vor etwa zwei Jahren, bei einem Meet & Greet, mit dem Sänger der DEAD DAISIES gesprochen…es war eines der letzten Konzerte ihrer 10-monatigen Welttournee und ich fragte JOHN CORABI (ex-Sänger DEAD DAISIES, Anm. d. Red.): „du bist der Sänger, der Frontman, d.h. du singst nicht nur – was anstrengend genug ist – du bist derjenige, der eine Verbindung zum Publikum aufbaut, der mit den Leuten spricht, zwischendurch etwas zu dem einen oder anderen Song erzählt, ein paar Späße mit dem Publikum macht, deine Stimme ist permanent im Einsatz – wie machst du das alles?“…er antwortete: „wenn du nicht auf der Bühne stehst – Maul halten“…
Myke:
Das ist ein sehr wichtiger Punkt…wenn du als Kind davon träumst, Musiker zu werden, verstehst du noch nicht wirklich, was das bedeutet…wenn du ein erfolgreicher Musiker sein willst, musst du auch immer wieder für mehrere Monate auf Tournee gehen, Tag für Tag auf gleichbleibend hohem Niveau abliefern, wie beispielsweise ein Profi-Fußballspieler…von einem Ronaldo oder Messi erwarten die Fans, dass sie Tore erzielen, wann immer sie den Platz betreten – sie erwarten, dass sie das Spiel gewinnen…BRUCE DICKINSON macht das seit über vier Jahrzehnten, weitaus länger, als jeder professionelle Sportler das schafft, das erfordert eiserne Disziplin…NEVILLE MACDONALD war extrem diszipliniert, hat während des Tages so wenig wie möglich gesprochen, mit dem Aufwärmen seiner Stimme fing er um 17:00 Uhr an, die Vorbereitungen für den Auftritt gingen um 18:00 Uhr los und nach der Show sprach er nicht – wir hatten zu der Zeit 5-6 Auftritte pro Woche…
MCR:
Das bestätigt, was JOHN CORABI auch sagte – Maul halten, Tee trinken und nichts von wegen „Sex, Drugs and Rock and Roll“, sonst würde er wahrscheinlich keine zwei Shows hintereinander überstehen…
Myke:
Genauso ist es…
MCR:
Du musst physisch in einer sehr guten Verfassung sein, um so eine Tour durchzuziehen…ich habe DEF LEPPARD in Berlin und München innerhalb von drei Tagen gesehen…zuerst waren sie in Berlin mit EUROPE und spielten zwei Tage später, im Olympiastadion in München, einen Double-Headliner-Gig mit BON JOVI…nur zwei Tage Pause und JOE ELLIOTT – ich muss gestehen ich bin ein Die-Hard-DEF LEPPAR-Fan – macht das seit 40 Jahren, das ist Wahnsinn…
Myke:
In allen Bereichen des Lebens ist das wichtigste Disziplin, wenn man erfolgreich sein will…manchmal ist auch etwas Glück dabei, aber kontinuierlicher Erfolg, ein großartiges Album zu produzieren, eine großartige Tour zu absolvieren und das immer wieder, verlangt weit mehr als „nur“ musikalisches Talent, dafür braucht es innere Stärke und Disziplin…das größte, das ein Künstler erreichen kann ist, wiebeispielsweise DEF LEPPARD oder die SCORPIONS, über 40, 50 Jahre auf gleichbleibend hohem Niveau zu performen…
MCR:
Davon bin ich überzeugt…ich habe darüber mit einigen Sängern gesprochen und alle sagen mehr oder weniger das gleiche – du musst auf dich aufpassen…ganz generelle Dinge wie Schal zu tragen, Zugluft zu vermeiden, ganz einfach vorsichtig sein und immer daran denken – dein Instrument ist deine Stimme…speziell Auftritte, die bis zu zweieinhalb Stunden dauern…DEF LEPPARD spielten ein Set von zwei Stunden, die könnten auch zwei Tage spielen, so viele Songs hätten sie im Repertoire…
Myke:
Und dazu kommt noch, wir Musikliebhaber – und ich schließe aus dem, was du mir erzählst, dass wir beide leidenschaftliche Musikliebhaber sind – sehen möglicherweise unsere absolute Lieblingsband nur ein einziges Mal in unserem Leben…stell dir vor, du hast zehn Jahre darauf gewartet, deine Lieblingsband zu sehen und bist voller Emotionen, wenn du endlich dieses eine Konzert sehen kannst…als Band, als Künstler, bist du es deinen Fans schuldig, alles zu geben und ihnen das zu bieten, was sie erwarten, was sie sich erträumt haben, was sie fühlen…ich kann mir nicht vorstellen auf die Bühne zu gehen und nur 50% zu geben…es wäre respektlos gegenüber den Fans, die mit meinen Songs und meiner Musik so viel Gefühle verbinden, Songs sind eine emotionale Investition…das würde ich erwarten, wenn ich mir die SCORPIONS ansehen würde und sie spielen DYNAMITE…das ist einer meiner absoluten Lieblingssongs, den ich mit 14 Jahren schon versucht habe, nachzuspielen und das Solo exakt wie Matthias Jabs hinzukriegen…die meisten Musiker wollen, dass sich ihre Songs auf der Bühne noch besser als auf dem Album anhören…das bedeuten Live-Shows für mich – die Möglichkeit, dass die Songs live noch besser sind als im Studio, denn live hast du die emotionale Verbindung zu den Fans…die Fans sehen den Künstler, der Künstler sieht die Fans – das bringt das ganze auf ein anderes Level…ich werde nie vergessen, wie es war, neben PHIL MOGG (Sänger UFO, Anm. d. Red.) auf der Bühne zu stehen und LIGHTS OUT zu performen, während Phil singt und du merkst, wie der Funke überspringt und die „Spannung und Elektrizität“ durch deinen Körper schießt…das führt dazu, dass du genauso geil spielen willst, wie er singt…dazu kommt das Feedback aus dem Publikum und alles zusammen ergibt diese ganz besondere Stimmung…das Publikum ist ein sehr wichtiger Faktor, der entscheidend zu dieser Atmosphäre beiträgt – das Zusammenspiel von Band und Publikum…
MCR:
Es ist das Gesamtpaket…es sind nicht nur die Künstler auf der Bühne oder nur das Publikum…es braucht die Verbindung zwischen Publikum und Band, es braucht die Energie und es muss zusammenpassen…alles zusammen ergibt eine gute Show…
Myke:
Absolut richtig…wenn du auf der Bühne nur 50% gibst, kannst du nicht erwarten, vom Publikum 100% zurückzubekommen…sie können nur zurückgeben, was sie bekommen – wenn du 100% gibst, kommen 100% zurück und das zusammen macht die Show zu etwas besonderem…nicht der Künstler, nicht das Publikum sondern der Verbund beider macht es aus – das ist das besondere an Musik…
MCR:
Und es ist auch Professionalität, die generelle Einstellung…ich war bei einem Konzert von LANCE KELTNER (Blues-Rock-Gitarrist/Sänger, Anm. d. Red.), das dürfte so 20 Jahre her sein, in einem kleinen Club bei mir in der Nähe…der Kartenverkauf war sehr schwach – wir waren insgesamt vielleicht 25 Leute inklusive der Bedienungen…er kam auf die Bühne, sah kurz durch den Vorhang ins Publikum und ging wieder…ich bin davon ausgegangen, dass er für diese 25 Leute maximal eine 45-Minuten-Show abliefern würde…weit gefehlt – dieser Typ hat ein komplettes 2-Stunden-Set abgeliefert, hat für 25 Leute die „Bühne abgebrannt“…alle, die da waren, hatten einen Riesenspaß, es war eine geile Atmosphäre und eine super Show…das ist Professionalität – auch wenn nur eine/r da ist, hat sie/er ein Ticket gekauft und kann dafür eine gute Show erwarten…
Myke:
Ich erinnere mich als ich bei SKIN gespielt habe, wir hießen damals noch nicht SKIN, und wir mit BRUCE DICKINSON gearbeitet haben…in England gibt es die AktionCOMIC RELIEF (Benefiz Aktion in England, Anm. d. Red.), für die jedes Jahr Musiker einen Klassiker herausbringen…in dem betreffenden Jahr nahm BRUCE DICKINSON den ALICE COOPER Song ELECTED auf und wir waren die „Begleitband“…wir haben also den Song mit CHRIS TSANGARIDES aufgenommen, Bruce übernahm den Gesang und es wurde ein großer Hit in England…wir hatten ein paar Auftritte und Bruce sagte „ich komme mit euch auf die Bühne“, das war beim Auftritt in Norwich, und wir performen den Song zusammen…das wurde damals von BBC aufgenommen, hatte also eine große Reichweite, was auch ein Grund dafür war, da gleichzeitig die Single veröffentlicht wurde, d.h. eine breite Öffentlichkeit bekam davon Kenntnis…es waren nur etwa 600 Leute da – der Veranstaltungsort war damals SOUND CITY – IRON MAIDEN tourten aktuell mit SEVENTH SON OF A SEVENTH SON, sie waren zu der Zeit eine der größten Bands der Welt…Bruce sagte zu uns „spielt euer Set, danach komme ich dazu und wir machen ELECTED als Zugabe“…er fegte über die Bühne wie ein Tornado…wir dachten, wir hätten eine großartige Show abgeliefert und das Publikum liebt uns, aber als Bruce die Bühne betrat – das Publikum wusste nichts davon – tickten die Leute vollkommen aus…die Intensität, die er den Leuten vermittelte, kam direkt wieder auf die Bühne zurück und ich dachte mir „wow, das ist nicht real“…
MCR:
Ich denke, diese Energie ist auch fühlbar, oder!? Pure Energie…
Myke:
Pure Energy, die Magie der Musik…
MCR:
Das bringt mich zur aktuellen Situation…es gibt so gut wie keine Auftrittsmöglichkeiten für Bands, das muss das schlimmste für einen Musiker sein…schreiben, aufnehmen, produzieren ist das eine, aber wenn du ein Album fertiggestellt und herausgebracht hast, willst du damit natürlich auf die Bühne und es den Fans präsentieren, das muss sehr hart sein…
Myke:
Die aktuelle Situation macht uns allen bewusst, wie wichtig Musik für uns ist, vor allem auch für unsere Psyche…wenn man sich überlegt, dass in der Vergangenheit in manchen Kulturkreisen Musik zeitweise verboten war, beispielsweise in Indien,Saudi Arabien oder auch China…das ist die ultimative Form von Unterdrückung, denn damit untersagt man den Menschen, Spaß zu haben…kein Vergnügen, keine Freude, wir verbieten euch, Musik zu machen – das ist, was aktuell die Regierungenmachen…ich persönlich habe gemischte Gefühle in der aktuellen Situation, aber es ist ohne Frage so – du musst dich nur im Internet umsehen – dass Millionen wenn nicht gar Milliarden von Menschen darunter leiden…alles, was gerade auf der Welt passiert, ist von vielen Fehlern der Regierungen geprägt…einer der größten Fehler, der komplett ignoriert wird, ist das Verbot von Live-Auftritten…für mich ist das ein Verbrechen an der Menschlichkeit, eines der größten Verbrechen, das Tyrannen an ihren Völkern begangen haben – du kannst Musik weder sehen noch hören, du kannst sie mit niemandem teilen…es muss etwas passieren, das ist ein untragbarer Zustand…
MCR:
Absolut richtig…es gibt so viele unterschiedliche Richtungen, wie z.B. klassische Musik…der eine mag Klaviermusik, ein anderer steht auf Death Metal, wie auch immer, es ist deine eigene Entscheidung, was dir gefällt und dir ein gutes Gefühl gibt…Musik gibt dir immer ein gutes Gefühl, Musik ist immer da, sollte immer verfügbar sein…ob es etwas zu feiern gibt, ob du eine harte Zeit durchmachst – je härter desto wichtiger…speziell in Zeiten wie diesen hilft sie dir, zumindest für einen Moment, allem zu entfliehen…
Myke:
Über Jahrhunderte hinweg konnte sich die Menschheit immer darauf verlassen, dassSport und Musik alle vereinen kann…die aktuelle Situation hält Menschen fern voneinander…
MCR:
Es ist eine wirklich harte Zeit…ich halte mich mit Erinnerungen über Wasser, Erinnerungen an Konzerte, auf denen ich war, großartige Momente, die ich erlebendurfte…ich habe dir von dem DEF LEPPARD Konzert in München letztes Jahr erzählt…da waren 70.000 Leute im Olympiastadion und wenn ich an diese Menge denke, die die Songs mitgesungen hat, das ist unbezahlbar…ich bin mir nicht sicher, ob ich das jemals wieder erleben werde…
Myke:
Das bekomme ich nicht in meinen Kopf…darüber kann und will ich gar nicht nachdenken…
MCR:
Nein, das will ich nicht akzeptieren…
Myke:
Dazu kann ich nur sagen, dass wir damit gesegnet sind, dass wir das in unserer Zeit erleben durften, und es tut mir für die Menschen leid, die vielleicht niemals mehr die Möglichkeit dazu haben…es geht nicht nur um die Musiker, sondern hauptsächlich um die Menschen, für die Musik eine mentale Stütze ist, es ist ein wichtiger Teil für das menschliche Wohlbefinden…
MCR:
Du hast erwähnt, dass du 52 Jahre alt bist, ich bin jetzt 57 – wir sind also mehr oder weniger mit der gleichen Musik groß geworden und ich verstehe ganz genau, wovon du sprichst…sehr vieles, das für uns selbstverständlich war, ist es jetzt nicht mehr…Musik ist etwas ganz besonderes – wir hatten die Möglichkeit uns die großen Bands zu einer Zeit anzusehen, als die Ticketpreise noch vernünftig waren und die Bands richtig gut waren…
Myke:
Du musst dir mal überlegen, dass wir die Bands für 10 – 20 Euro gesehen haben und jetzt müssen die Leute 200 Euro dafür berappen…
MCR:
Ich bin in den 1970ern aufgewachsen mit Glam Rock Bands wie SWEET, SLADE, all diesen britischen Bands…es gab Hard Rock und Pop und das war’s – heutzutage gibt es schon hundert verschiedene Arten von Death Metal…ich bin da eher Old School, das interessiert mich nicht – entweder es gefällt mir oder nicht…für mich ist es alles immer noch „nur“ Rockmusik, nicht mehr und nicht weniger…bei all diesenSub-Genres und deren Definitionen bin ich raus…ich habe so das Gefühl, dass viele der neuen Bands gleich noch ihr eigenes Sub-Genre dazuerfinden – da gibt’s Stilrichtungen, von denen ich noch nie etwas gehört habe, geschweige denn, unter denen ich mir etwas vorstellen kann…aber ich denke, das hat in erster Linie damit zu tun, sich von der Masse abzuheben, was verständlich ist – es gibt so viele gute Bands und Talente da draußen…
Myke:
Wie Billy Joel einst sagte „It’s still Rock and Roll to me“ (für mich ist es immer noch Rock and Roll) …
MCR:
Nicht mehr und nicht weniger…das, was ich bei METAL CRASH RADIO mache, zeigt mir Tag für Tag, wie viele großartige Talente es gibt die keiner realisiert, die niemand hört…
Myke:
Es ist hart, auch mit SHADES OF GRAY…ich mache alles selbst und es ist ein Kampf, deshalb auch nochmals vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, mit mir zu sprechen und mir und meiner Musik die Möglichkeit gibst, etwas mehr Aufmerksamkeit zu bekommen…vielen Dank…
MCR:
Es war mir ein Vergnügen, vielen Dank für deine Zeit – ich könnte dir noch stundenlang zuhören…ich wünsche dir viel Glück für die Zukunft…
Myke:
Vielen Dank Juergen…
MCR:
Pass‘ vor allem gut auf dich auf…
Myke:
Hey, wir sind jetzt Freunde und es gibt keinen Grund, warum wir nicht in Kontakt bleiben sollten…
MCR:
Du hast Recht – nochmals vielen Dank, wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt…
ENDE